IV. Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag
Die eingangs genannte, grundsätzlich geregelte Vorleistungspflicht des AN und das Fälligwerden des Werklohns erst nach Fertigstellung und Abnahme des Gewerkes ist in der VOB/B etwas abgemildert:
Hat der AN die VOB/B zur Anwendung gebracht, so steht ihm ein Anspruch auf Zahlung von Akontorechnungen zu.
Durch den zielgerichteten und konsequenten Einsatz dieses Prinzips wird das Risiko des Geldausfalls erheblich vermindert.
In ähnlicher, wenn auch stark abgeschwächter Form, ist dies nunmehr mit in Kraft treten des "Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen" zum 01.05.2000 auch im "normalen" BGB-Vertrag vorgesehen.
Während im VOB-Vertrag die Erstellung von Akontorechnungen an keinerlei weitere Voraussetzungen gebunden ist, der AN also jederzeit für bereits erbrachte Leistungen eine derartige Zwischenrechnung erstellen kann, ist dies im BGB-Vertrag nur dann möglich, wenn sich die Akontorechnung auf "in sich abgeschlossene Leistungsteile und eigens angefertigte oder angelieferte Stoffe oder Bauteile" bezieht.
Gerichtsentscheidungen hierüber liegen noch nicht vor, so dass abzuwarten bleibt, wie die Rechtsprechung die entsprechenden Begriffe auslegen wird.
Man wird allerdings beispielsweise bereits jetzt sagen können, daß die Erstellung des Rohbaus eines Hauses bis zur Kellerdecke noch kein abgeschlossenes Leistungsteil ist, demgegenüber die Erstellung eines ersten Reihenhauses von mehreren sehr wohl. Sofern hier eine restriktive und keine weite Auslegung der Begriffe vorgenommen wird steht zu befürchten, dass eine wesentliche Verbesserung hiermit nicht verbunden sein wird. In jedem Fall jedoch bleibt - selbst bei weitest gehender Auslegung - diesbezüglich die Regelung der VOB/B weit günstiger für Sie, da diese Regelung auch dann greift, wenn Materialien nicht eigens angefertigt worden sind und eine Anlieferung von Materialien auf die Baustelle nicht erforderlich ist
Das größte Problem der Neuregelung liegt jedoch in der Tatsache, daß der AG einen generellen Anspruch darauf hat, daß ihm die Stoffe oder Bauteile, die er bezahlt, auch zum Eigentum übertragen werden. Anderenfalls müssen Sie dem AG bei einem BGB-Vertrag Sicherheit für die A-Kontozahlung leisten. Dies ist bei der VOB/B nicht der Fall.
Bei Bauteilen, die fest mit dem Bauwerk befestigt werden, ist dies unerheblich, da der Eigentümer des Objektes dadurch Eigentum an dem Stoff erhält, daß dieser mit seinem Eigentum fest verbunden wird.
Aber was ist, wenn Sie für einen Generalübernehmer beispielsweise Einbauschränke fertigen? Bei der VOB/B ist dies egal, da Sie gegenüber Ihrem AG den unbedingten Anspruch auf A-Kontozahlung haben. Beim BGB-Vertrag ist dies anders: Mit Einbau der Schränke ins Bauobjekt wird der Bauherr Eigentümer und nicht ihr AG. Damit wird der AG Ihrer A-Kontoforderung entgegenhalten, daß Sie ihm nicht das Eigentum übertragen haben (und auch nicht mehr übertragen können, da Sie ja nicht mehr Eigentümer sind, sondern der AG) und er deshalb Anspruch auf Sicherheitsleistung hat.
Also: Versuchen Sie in jedem Fall die VOB/B zum Vertragsbestandteil zu machen!
Es gibt Konstellationen, in denen auch bei Abschluss des Werkvertrages durch einen bloßen Hinweis auf die VOB/B diese nicht unbedingt Vertragsbestandteil wird. Dies gilt insbesondere bei Privatpersonen.
Beim Abschluss von Verträgen mit dieser Gruppe reicht es nicht aus, lediglich auf die Geltung der VOB hinzuweisen. Die VOB/B muss vielmehr in jedem Fall als Volltext
Muster 2
den Vertragsbedingungen beigefügt sein und dem AG für sage und schreibe 30 Jahre überlassen bleiben, damit sie bei Vertragsvereinbarung auch Vertragsgegenstand wird.
Der Bundesgerichtshof (BGH) verlangt für diesen Fall, dass der AN als Verwender seinen "weder im Baugewerbe tätigen, noch sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartner" in die Lage versetzt, "sich in geeigneter Weise Kenntnis von der VOB/B zu verschaffen und seine Informationsmöglichkeit zu nutzen", wobei nach einer neueren Entscheidung des BGH selbst eine Formulierung in den AGB, dass "der Volltext der VOB/B auf Anfrage zur Verfügung gestellt wird" nicht mehr ausreichend ist.
Ebenso ist es nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Celle vom 03.01.2000 (BauR 2000, 579) nicht ausreichend, wenn lediglich die den AG belastenden Vorschriften im Wortlaut übergeben werden.
Etwas anderes ist dann anzunehmen, wenn der AG "auf dem Bausektor gewerblich tätig ist". Bei dieser Konstellation ist davon auszugehen, dass dem AG die VOB/B "bekannt" ist. Gleiches gilt bei einem öffentlichen AG und teilweise bei privaten Bauherrn, die bei Vertragsabschluß durch einen Architekten vertreten werden.
Zu beachten ist schließlich auch der Zeitpunkt der Einbeziehung der VOB/B in den Werkvertrag.
Es ist insoweit keinesfalls ausreichend, einen entsprechenden Hinweis auf den Rechnungen zu vermerken oder die VOB/B mit der Rechnung zu versenden, da der Vertrag zu diesem Zeitpunkt ja bereits lange geschlossen, ausgeführt und beendet ist. Vielmehr muss die Geltung der VOB/B dem Auftraggeber vor Vertragsschluss zur Kenntnis gegeben worden sein, mithin am besten bereits mit Übersendung des Angebotes.
© Rechtsanwälte Günter Stieldorf und Markus Cosler