I. Einführung
Das deutsche Werkvertragsrecht geht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich davon aus, dass der Bauunternehmer (Auftragnehmer, AN) gegenüber dem Bauherrn (Auftraggeber, AG) vorleistungspflichtig ist.
Dies bedeutet, dass der AN zunächst seine Werkleistung vollständig zu erbringen hat und erst nach Abnahme (Fertigstellung des Gewerkes) einen Anspruch auf Bezahlung seines Werklohnes gegenüber dem AG hat. Damit tritt der Werkunternehmer wie kein anderer am Wirtschaftsleben teilnehmender Unternehmer gegenüber seinen Kunden in Vorleistung und trägt mithin in vollem Umfange auch das Risiko einer Insolvenz des Bauherrn.
Gleichzeitig ist der Anteil der Insolvenzen in der Bauwirtschaft im Verhältnis zu den Insolvenzen in der Gesamtwirtschaft in den Jahren 1991 bis 1999 von 1,7% auf mittlerweile 24% gestiegen.
Zugleich weist das Baugewerbe die schlechtesten Eigenkapitalquoten auf, immerhin knapp 45% aller baugewerblichen Betriebe hat eine Eigenkapitalquote von weniger als 10%.
Vor diesem Hintergrund kommt dem Zahlungsverhalten der Kunden immer größere Bedeutung zu, wobei dies natürlich zum einen den privaten Bauherrn betrifft, der sich bei seinem Bauvorhaben oft schlicht übernommen hat, zum anderen jedoch mindestens genauso die öffentliche Hand als größte Einzelbauauftraggeberin. Gerade bei letzterer zeigen sich nämlich im besonderen Maße überlange Zahlungsziele: Der Bund war 1998 säumigster Zahler mit einem Zahlungsziel von durchschnittlich 109 Tagen (1991: 91 Tage), die Länder stehen dem jedoch mit einem Schnitt von 105 Tagen (1995: 75 Tage) wenig nach. Unter Berücksichtigung dieser Fakten, mit denen wir in der Bauwirtschaft zunächst einmal leben müssen, bis sich hier grundsätzliche Änderungen auftun, soll Ihnen dieses Seminar die Werkzeuge an die Hand geben, die gesetzlich fixierten Rechte auszunutzen um auf diese Art und Weise das Risiko des Liquiditätsausfalles Ihres AG zumindest zu minimieren.
© Rechtsanwälte Günter Stieldorf und Markus Cosler