VI. Gesetz zum Schutz von Bauforderungen
Probleme mit säumigen Zahlern und Insolvenzen von Auftraggebern gibt es nicht erst seit gestern. Bereits Ende des 18.Jahrhunderts stellte der Gesetzgeber fest, daß in verstärktem Maße Zahlungsansprüche von Baufirmen infolge unredlicher Machenschaften und schlechter finanzieller Verhältnisse von beauftragenden Firmen nicht mehr realisiert werden konnten.
So wurde im Jahre 1909 das "Gesetz zum Schutz von Bauforderungen" (GZB) erlassen.
Trotz des Alters des Gesetzes ist es in der Anwendung leider nur sehr selten anzutreffen, und das - wie ich meine - völlig zu Unrecht.
Zwar handelt es sich bei dem GZB nicht um ein klassisches Sicherungsrecht des Bauhandwerkers, jedoch gewährt dieses Gesetz dem Bauhandwerker unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch gegen die hinter einer Gesellschaft stehenden Personen persönlich, soweit eine Realisierung der Forderung gegen die Gesellschaft wegen Insolvenz ausscheidet, sog. Durchgriffshaftung.
Anwendbar ist das GSB bei allen Bauvorhaben, bei welchen Dritte - zumeist Banken - durch Grundpfandrechte gesicherte Zahlungen (sog. Baugelder) vornehmen. Diese Zahlungen werden ja zweckgebunden zur Verfügung gestellt für die Herstellung des Bauwerks und sollen damit auch ausschließlich in diesem Bereich ihre Verwendung finden.
Um dies sicherzustellen, stehen folgende Regelungen zur Verfügung:
- die Verpflichtung der Baugeldempfänger, das empfangene Baugeld zur Befriedigung der Personen, die an der Herstellung des Baus beteiligt sind, zu verwenden (§ 1 GSB),
- die Verpflichtung der Baugewerbetreibenden oder Baugeldempfänger, ein Baubuch zu führen, um die entsprechende Verwendung der Gelder zu dokumentieren (§ 2 GSB), wobei diese Verpflichtung bei Neubauten immer besteht, also auch dann, wenn keine Fremdfinanzierung erfolgt.
- Strafvorschriften für den Fall, das gegen die o.g. Verpflichtungen verstoßen wurde und dadurch Baugläubiger wegen Insolvenz ihrer AG unbefriedigt bleiben.
Aus den o.g. Vorschriften wird im Falle der Verletzung sodann eine persönliche Haftung der hinter den Firmen stehenden Personen konstruiert, wobei der Vertreter der Firma sich in der Regel nicht darauf berufen kann, ihm seien die Vorschriften des GSB unbekannt gewesen.
Dabei wird das Recht zur Einsichtnahme in das Baubuch nicht erst dann interessant, wenn die Insolvenz des AG feststeht, vielmehr kann ein derartiges Begehren auf Einsichtnahme auch im laufenden Bauvorhaben wegen der Strafvorschriften besonders geeignet sein, den AG zu warnen und zu einer ordnungsgemäßen Verwendung der Baugelder anzuhalten.
Die Anwendung des GSB kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden, also weder durch AGB, noch durch Einzelvereinbarung, wobei im letzteren Fall in extremen Einzelfällen ein Berufen des AN auf das GSB sodann allerdings treuwidrig sein kann.
Was nun ist genau "Baugeld" im Sinne des GSB?
Um Baugeld handelt es sich nur bei fremdfinanzierten Geldbeträgen (in der Regel Bank- oder Privatdarlehen), die durch Grundpfandrechte auf dem Baugrundstück abgesichert sind und vereinbarungsgemäß für die Bestreitung der Kosten des Baues bestimmt sind. Geschützt vom GSB werden die Baugläubiger, welche nach der Gesetzeslage alle Personen/Firmen sind, die an der Herstellung des Baues aufgrund Werk-, Dienst- oder Leistungsvertrag beteiligt sind.
Damit wählt das GSB eine andere Formulierung, als bei der bereits behandelten Bauhandwerkersicherungshypothek, nämlich "Bau" anstatt "Bauwerk" und grenzt damit den Anwendungsbereich des Gesetzes etwas ein auf Leistungen, die sich auf wesentliche Bestandteile des Gebäudes beziehen.
Dadurch sind in der Regel folgende Gewerke nicht geschützt:
- Tiefbauten; Brunnenbauten; Gleisanlagen (keine Gebäude!)
- Außenanlagen; Einrichtungen, soweit nicht Maßanfertigungen, die woanders nicht aufgestellt werden können
- Schönheitsrenovierungen, die nur der Instandhaltung dienen und keine wesentliche Veränderung der Substanz bewirken
Demgegenüber sind im wesentlichen folgende Gewerke geschützt:
- Bauunternehmer, soweit sie Rohbau- und Ausbaugewerke erbringen, einschließlich der Erd-, Entwässerungs- und Kanalarbeiten, die der Herstellung des Gebäudes dienen, einschließlich der Gerüstbauer
- Generalunternehmer, da sie vertraglich die Herstellung des Gebäudes schulden
- Subunternehmer des Generalunternehmers
- Architekten, Statiker und Sonderfachleute, soweit ihre Leistung einen unmittelbaren Bezug zur Herstellung des Baues hat, wie beispielsweise das Anfertigen von Plänen, die Bauaufsicht und die Bauleitung
- selbständige Bauleiter, die ihre Leistung erfolgsbezogen schulden .
- technische Baubetreuer, Generalübernehmer, Bauträger, soweit sie vertraglich die Herstellung des Gebäudes schulden
- Lieferanten der Baumaterialien, soweit sie mit den Werkvertragsgläubigern in direkter vertraglicher Beziehung stehen
Der Höhe nach sind sämtliche für die vertragsgemäße Ausführung der Arbeiten entstandenen Forderungen geschützt, wobei Verzugszinsen und die Kosten der Rechtsverfolgung gegen die ursprüngliche AG hinzuzusetzten sind, jedoch Gegenansprüche des AG wegen vorhandener Mängel abzuziehen sind.
Allerdings sind die Ansprüche der Höhe nach begrenzt auf das tatsächlich an den AG geflossene Baugeld, bzw. bei Subunternehmern auf das Baugeld, das dem Vertragspartner des Subunternehmers zugestanden hätte.
Hier zeigt sich bereits, daß im Zuge eines Bauvorhabens manche beteiligte Firmen sowohl Baugeldberechtigte, als auch Baugeldempfänger sein können:
- Die finanzierende Bank selber ist nicht Baugeldempfänger, da sie die finanziellen Mittel lediglich beschafft und dem Bauherrn zur Verfügung stellt.
- Der Bauherr ist sodann Baugeldempfänger und muß die genannten Verwendungsregeln beachten
- Der vom Bauherrn eingeschaltete Bauträger ist sodann gegenüber dem Bauherrn Baugeldberechtigter, gegenüber seinen GU oder Subunternehmer jedoch Baugeldempfänger, muß also selber auch die genannten Verwendungsregeln beachten für Zahlungen, die er von dem Bauherrn erhält
- Für den vom Bauträger eingeschalteten GU gilt insoweit das Gleiche, soweit er sich wiederum eines Subunternehmers bedient.
- Kein Baugeldempfänger ist sodann jedoch der Subunternehmer, der selber keinen weiteren Subunternehmer einschaltet, bezogen auf seine Arbeitnehmer oder Lieferanten
Im einzelnen treffen den Baugeldempfänger folgen Obliegenheiten:
- Sofern keine anderen Mittel bereitstehen, muß auf die Baugelder zurückgegriffen werden.
- Eine anderweitige Verwendung der Baugelder ist nur zulässig, soweit die Gläubiger bereits aus anderen Mitteln befriedigt worden sind
- Das Baugeld darf nicht mit anderen Geldern vermischt werden, ist also in der Regel auf Sonderkonten zu legen - Droht Zugriff Dritter, muß das Baugeld als Treuhandkonto eingerichtet werden
- Das Baugeld darf nicht an am Bau unbeteiligte Dritte ausgezahlt werden
Der Baugeldempfänger ist in der Regel in der Entscheidung frei, welchen Baugeldberechtigten er zuerst befriedigt, es sei denn, es existiert eine anderweitige Vereinbarung mit dem Kreditgeber. Mit der ordnungsgemäßen Weiterleitung an seinen Vertragspartner genügt der Baugeldempfänger seinen Sorgfaltspflichten, er hat insbesondere nicht zu überwachen, daß das Geld vom Empfänger wiederum richtig weitergeleitet wird.
© Rechtsanwälte Günter Stieldorf und Markus Cosler