V. Sicherungsmaßnahmen
2. Sicherungsleistung nach § 648a BGB
Dieses Sicherungsmittel, welches 1993 vom Gesetzgeber eingeführt wurde, bietet dem AN die Möglichkeit, die vollständige Absicherung der künftig zu erbringenden Leistungen herbeizuführen.
Viele Fragen sind diesbezüglich jedoch leider noch nicht höchstrichterlich entschieden, so dass es in jedem Fall einer sorgfältigen Einzelfallprüfung der jeweiligen Anspruchsvoraus-setzungen bedarf.
§ 648a Abs.1 S.1 BGB:
"Der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teiles davon (Berechtigter) kann vom Besteller (Verpflichtetem) Sicherheit für die von ihm (noch) zu erbringende Vorleistung in der Weise verlangen, dass er den Besteller zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, dass er nach Ablauf der Frist seine Leistung verweigert.
" Soweit der Gesetzeswortlaut.
Was heißt dies jedoch in der konkreten Anwendung?
Berechtigte des Anspruches sind nach allgemeiner Auffassung neben den klassischen "Unternehmern eines Bauwerkes" auch Architekten, Sonderfachleute, Sanierungsgutachter, Projekt-steuerer, Baubetreuer, Gerüstbauer und Abrissunternehmer.
Nicht erfasst ist hiervon jedoch die Durchführung bloßer Reparaturarbeiten (so zumindest das OLG Düsseldorf).
So wird beispielsweise beim Malergewerk das bloße Neustreichen der Fassade nicht erfaßt sein, wohl aber eine Fassadensanierung mit Putzausbesserung.
Sicherheit kann bis zur Höhe des gesamten voraussichtlichen Vergütungsanspruchs verlangt werden, der sich aus dem Vertrag oder einem nachträglichen Zusatzauftrag ergibt. Zu berücksichtigen sind ferner Nebenforderungen in Höhe von pauschal 10% der Auftragssumme.
Hierbei ist es unschädlich, wenn ihr Sicherungsbegehren überhöht ist. Der AG darf das überhöhte Begehren nicht einfach zurückweisen, sondern muß sodann selber errechnen, was er für die richtige Summe hält und eine Sicherheit über diese Summe stellen (OLG Düsseldorf, BauR 1999, 47; OLG Karlsruhe, NJW 1997, 263). Sofern Sie die gestellte Sicherheit sodann für zu niedrig halten, kann es im Einzelfall empfehlenswert sein, die Bürgschaft nicht anzunehmen. Der AG ist dann verpflichtet, diese zu hinterlegen (§§ 372 ff BGB).
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Vorleistungspflicht des AN erst mit tatsächlicher Leistung von Voraus- oder Abschlagszahlungen durch den AG endet.
Mithin geht die überwiegende Rechtsprechung auch davon aus, dass eine Sicherbarkeit auch für bereits erbrachte, aber noch nicht bezahlte Leistungen gegeben ist (so insbesondere OLG Karlsruhe, OLG Dresden, LG Bonn, LG Erfurt).
Die bisher veröffentlichten Entscheidungen bejahen im übrigen auch die Berechtigung zur Einforderung einer Sicherheit in voller vertraglicher Vergütungshöhe, wenn Ansprüche auf Abschlagzahlungen durch VOB/B oder Einzelvereinbarung bestehen (so LG Bonn NJW-RR 1998, 530; OLG Düsseldorf, BauR 1999, 47) Bei der Höhe der zu stellenden Sicherheit haben eventuelle Mängel in jedem Fall unberücksichtigt zu bleiben, da diese ja noch beseitigt werden können, mithin der entsprechende Werklohn noch verdient werden kann (so OLG Karlsuhe BauR 1996, 556; LG Bonn, BauR 1997, 857). Darüber hinausgehend ist der AN nach Meinung vieler - aber leider nicht aller - Gerichte sogar berechtigt, die Mangelbeseitigungsarbeiten bezogen auf eigentlich völlig berechtigte Mängelrügen einzustellen, bis eine entsprechende Bürgschaft gestellt wird (so OLG Dresden BauR 1999, 1314) und kann in dieser Situation zunächst unbedingte Zahlung verlangen (so LG Osnabrück, IBR 1999, 475; LG Erfurt BauR 1999, 771; anderer Auffassung das KG Berlin BauR 2000, 738, Zahlungsanspruch nur Zug um Zug gegen Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten)
Hoch umstritten ist sodann auch die Frage, ob nach erfolgter Abnahme noch eine derartige Sicherung verlangt werden kann, da nach der Abnahme ja die Vorleistungspflicht des AN grundsätzlich nicht mehr besteht (bejahend: OLG Dresden, BauR 1999, 1314; LG Erfurt, BauR 1999, 771; LG Osnabrück, IBR 1999, 475; verneinend: LG Dortmund, IBR 1999, 319).
Die praktische Relevanz dieser Frage ist jedoch nur bei Teilabnahmen gegeben. Bei Vornahme der Gesamtabnahme hat der AN sein Gewerk bereits fertiggestellt, so dass ihm die Rechtsfolgen dieses Sicherungsrechtes (Einstellen der Arbeiten) ja grundsätzlich gar nichts mehr nützen.
Lediglich bei Teilabnahmen kann dies zu dem seltsamen Ergebnis führen, dass es für den AN ratsam erscheint, hier bewusst die Vornahme der Endabnahme durch den AG zu verzögern, um in den Genuss dieses Sicherungsrechtes zu gelangen.
Darüber hinausgehend bleibt jedoch auch nach Abnahme dieses Druckmittel noch wirkungsvoll, wenn hiernach Mängelrügen erhoben werden und - wie oben dargelegt - die entsprechenden Beseitigungsarbeiten so lange zurückgestellt werden können, bis eine entsprechende Bürgschaft vorgelegt wird, oder zumindest der Druckzuschlag des AG bei seinem Zurückbehaltungsrecht verloren geht.
Dieses Sicherungsmittel versagt jedoch bei AG, die juristische Personen des öffentlichen Rechts sind (beispielsweise auch HWK und IHK) sowie bei privaten AG für Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung. Diese sind ausdrücklich vom Kreise der Verpflichteten ausgenommen.
Hierbei gilt es natürlich zu beachten, dass der Bau eines Einfamilienhauses nicht durch den eigentlichen Bauherrn, sondern durch einen GU, der den Auftrag an Sie weitergibt, nicht von der Ausnahmeregelung erfasst ist. Hier bleiben Ihre Ansprüche bestehen.
Das gleiche gilt, wenn der Bauherr in äußerlich getrennten Verträgen eine aus einem Einfamilienhaus und einem Doppelhaus bestehende Baumaßnahme in Auftrag gibt, und von vornherein die Veräußerung des Einfamilienhauses an einen Dritten beabsichtigt war (LG Bonn BauR 1997, 857).
Die Ausnahmevorschrift des Gesetzes dürfte daher unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung insoweit dahingehend auszulegen sein, dass hiervon lediglich der "Bau eines durch den AG selbst zu beziehenden Eigenheims" erfasst ist.
Der AN kann vom AG zu jeder Phase des Bauvorhabens die Sicherheit verlangen, also bereits unmittelbar bei oder nach Vertragsabschluß, aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt. .
 
Muster 4
Ob dieser Anspruch auch für erbrachte Leistungen gilt, ist in der Rechtsprechung leider noch umstritten, eine richtungsweisende Entscheidung des BGH steht insoweit noch aus.
Diese Sicherungsmöglichkeit ist nicht abdingbar, anderslautende vertragliche Formulierungen gehen daher in jedem Fall ins Leere.
Wird ihrem Begehren auf Gestellung einer solchen Bürgschaft binnen der von Ihnen gesetzten Frist nicht nachgekommen, sind Sie berechtigt, die Arbeiten einzustellen bzw. überhaupt nicht zu beginnen.
Nach Ablauf einer weiteren Gestellungsfrist
Muster 5
wird der Vertrag zwischen den Parteien aufgehoben und der AG muss dem AN Schadensersatz für die vom AN bereits getätigten Aufwendungen bzw. Mühen zahlen, zzgl. eines pauschalen Betrages i.H.v. 5 % der Auftragssumme als Schadensersatz, der als wiederlegbare gesetzliche Vermutung fixiert ist.
Leider ist die Anwendung dieses Sicherungsmittels trotz der gesetzlichen Verankerung nicht weit verbreitet. Es ist somit davon auszugehen, dass diejenigen AG, die einer solchen Sicherungsanfrage Ihrerseits ausgesetzt werden, in Zukunft eine Zusammenarbeit nicht oder nicht an erster Stelle weiter mit Ihnen verfolgen werden. Trotzdem empfehle ich dringend, dieses Sicherungsmittel einzusetzen, damit es auf dem Markt verbreitet wird und somit das negative Image - welches zur Zeit noch herrscht - verloren geht.
Darüber hinausgehend ist festzuhalten, dass die üblichen - und nur die üblichen (wohl max. 2%) - Zinsen für die Gestellung einer diesbezüglichen Bürgschaft (Avalzinsen) von Ihnen zu tragen sind. Dies sollte aber auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Absicherung durchaus in Kauf genommen werden. Gerade bei Bauträgern empfiehlt sich der Einsatz dieses Sicherungsmittels.
Ich darf an dieser Stelle nur das aktuelle Beispiel der Firma ibk nennen. Hier konnten nach ersten Gerüchten über die drohende Insolvenz noch zahlreiche Bürgschaften erlangt werden; die uneinbringbaren Außenstände konnten so durch die Zahlungsverpflichtung des Kreditinstitutes abgemildert werden.
Leistet der AG die Sicherheit nicht innerhalb der gesetzten angemessenen Frist von etwa 7 - 10 Tagen, so kann der AN die Arbeiten einstellen. Wie oben unter den Akontozahlungen dargelegt bedarf es hierbei schon rein praktisch keiner Kündigung durch den AN mehr. Ohnehin gilt hierbei der Vertrag sodann nach Ablauf der Nachfrist nach dem Gesetzeswortlaut als aufgehoben.
Wegen der Abrechungsmodalitäten darf auf obige Darstellung verwiesen werden.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Bürgen ist insoweit, daß zunächst ein vorläufig vollstreckbares Urteil auf Zahlung des Werklohns gegen den AG erwirkt wird. Liegt dieses vor, ist der Bürge zur Zahlung für den AG an Sie verpflichtet. Gerät der AG in die Insolvenz, sind allerdings Gerichtsverfahren gegen den AG insoweit nicht mehr möglich. Das weitere Prozedere sieht sodann so aus, daß bei dem Insolvenzverwalter die Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden muß. Weist der Insolvenzverwalter die Forderung zurück, so kann er auf Eintragung der Forderung verklagt werden. Die Eintragung der Forderung oder ein Urteil, nach welchem der Verwalter zur Eintragung verpflichtet wird, steht sodann einem entsprechenden Urteil gegen den AG gleich und führt ebenfalls dazu, daß der Bürge zahlen muß, so aktuell LG Mainz, BauR 2000, 1357.
© Rechtsanwälte Günter Stieldorf und Markus Cosler